Samstag, 27 April 2024

Hier braut sich was (Leckeres) zusammen!

Nachdem in den vergangenen Ausgaben bereits Schnäpse/Spirituosen und Kaffee aus dem Sauerland thematisiert wurden, steht heute die Sauerländer Bierkultur im Fokus.

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(Foto: © monticellllo – stock.adobe.com)

Seine Zutaten sind für gewöhnlich an einer Hand abzuzählen, aber der Geschmack und die kulturelle Vielfalt sind nahezu unendlich groß: Die Rede ist vom Bier! Würde man die Deutschen nach ihrem Nationalgetränk fragen, käme nicht selten genau diese Antwort. Vielleicht würden mancherorts eher „Weißbier“, in anderen Gegenden häufiger „Pils“ genannt – aber Bier als solches spielt in der oberen Liga der deutschen Lieblingsgetränke mit. 

 

Der Erfolgszug des Bieres ist bekanntlich nicht erst vor wenigen Jahren auf Reisen gegangen: Schon im alten Ägypten hat man Bier gebraut, und auch die alten Germanen wussten es als Nahrungsmittel und Festgetränk zu schätzen. Allein der Fakt, dass sich das begehrte Getränk bis heute großer Beliebtheit erfreut, zeigt, welchen Stellenwert es als weltweites Kulturgut innehat. Aus der Antike reisen wir ein paar Jahrzehnte, nein, Jahrhunderte weiter: Im Mittelalter entwickelten sich auch in Deutschland zahlreiche Brauereien. Mit anderen Worten: Das Bierbrauen wurde von einer bloßen Tätigkeit zu einem waschechten Handwerk, das viele Bevölkerungsgruppen für sich begeistern konnte. Aus der heutigen deutschen Sicht mag es komisch klingen, aber damals war Bier oftmals sogar ein „reineres Getränk“ als Wasser: Durch den Brauprozess und den Alkoholgehalt wurden nicht selten Verunreinigungen und Keime im Trinkwasser abgetötet. Nicht zuletzt deshalb galt Bier im Mittelalter auch als Grundnahrungsmittel.

Etwas anderes, das aus heutiger Sicht einleuchtend klingt, war in der mittelalterlichen deutschen Gesellschaft allerdings ganz und gar nicht selbstverständlich: Nicht nur, dass häufig Frauen gerade in eher ländlichen Regionen für das Bierbrauen zuständig waren, sondern auch der Umstand, dass das Bierbrauen und -trinken eine Tätigkeit war, dem sowohl Bauern als auch der Adel frönten, heben die frühe deutsche Bierkultur als etwas Bemerkenswertes hervor. Nicht selten stellten Adelige sogar Bauern aus ihrer Gegend an, um für sie Bier zu brauen.

Gleichwohl gab es damals auch spezielle Sorten von Bier, die für den Adel reserviert waren. Diese wurden oft mit exotischen Zutaten angereichert und galten als luxuriöse Getränke. Der deutsche Adel hatte in der Regel Zugang zu qualitativ hochwertigerem Bier, das vergleichsweise sorgfältiger gebraut wurde und eine größere Vielfalt an Aromen und Geschmacksrichtungen bot.

Ein Meilenstein der deutschen und weltweiten Bierbraukultur fällt ebenfalls in diese Zeit: 1516, nur ein Jahr vor Luthers berühmten 99 Thesen, wurde in Ingolstadt das allseits bekannte „deutsche Reinheitsgebot“ für Bier von Herzog Wilhelm IV. von Bayern und seinem Bruder Herzog Ludwig X. erlassen. Es besagt, dass Bier nur aus Wasser, Malz, Hopfen und Hefe gebraut werden darf. Das Reinheitsgebot hatte das Ziel, die Qualität des Bieres zu sichern und den Einsatz minderwertiger Zutaten zu verhindern.

Und so begab es sich, dass sich im Laufe der Jahrhunderte durch verschiedene Vorlieben auch verschiedene Braustile und -traditionen entwickelten. Unser Sauerland hat sich dabei als eine besonders aktive Region hervorgetan und ist bis heute überregional für seine traditionellen Brauereien und die Vielfalt der heimischen Biersorten bekannt.

Tatsächlich sind nicht nur die Namen kleinerer und größerer Sauerländer Brauereien, sondern nicht selten auch der wiedererkennbare Geschmack der hiesigen Biere ein Alleinstellungsmerkmal. Bekannt ist beispielsweise das Sauerländer Alt, ein bernsteinfarbenes Bier mit malzigen und leicht süßlichen Noten, sowie das Sauerländer Pils, ein hopfenbetontes Bier mit einer angenehmen Bitterkeit. Die Geschmacksnoten kommen nicht zuletzt durch die regional angebauten Zutaten zustande, wozu Sauerländer Gerste und Hopfen zählen.

Schon gewusst? In unserer Region werden längst nicht mehr ausschließlich traditionelle Biersorten gebraut: Auch die Craft-Bier-Bewegung hat mittlerweile Einzug gehalten. Craft-Biere sind handwerklich gebraute Biere mit oft experimentellen und innovativen Geschmacksrichtungen. Einige Sauerländer Brauereien bieten eine Vielzahl von Craft-Bieren an, die sowohl lokale als auch internationale Bierliebhaber ansprechen. Die Kreativität der lokalen Bierlandschaft äußert sich außerdem in Form ausgefallener und exotischerer Geschmacksrichtungen: Die Vielfalt reicht von fruchtigen Weizenbieren bis hin zu kräftigen Starkbieren oder sogar Bieren mit speziellen Zutaten wie Schokolade oder Kaffee.

Ganz egal, welche Biervorzüge ein Sauerländer hat: Möglichkeiten, Bier in geselliger und angenehmer Runde zu genießen, gibt es ebenfalls zuhauf – und damit sind nicht einmal die alljährlichen Schützen- und Jägerfeste gemeint! In der ganzen Region finden regelmäßig Bierfeste und Veranstaltungen rund um das Thema Bier statt. Einheimische wie Urlauber haben zahlreiche Möglichkeiten, Brauereien wie Veltins (Meschede-Grevenstein), Krombacher (Kreuztal-Krombach), Warsteiner oder die Bosch-Brauerei in Arnsberg zu besichtigen und an Verkostungen teilzunehmen. Beliebte Bierfeste sind zum Beispiel das „Warsteiner Internationale Montgolfiade Bierfestival“ und das „Sauerländer Bierfest“.

 

Aber wie entsteht eigentlich das Lieblingsgetränk vieler Deutschen?

Der Bierbrauprozess besteht aus mehreren Schritten, die sorgfältig ausgeführt werden müssen, um ein qualitativ hochwertiges Bier zu erhalten:

1. Malzherstellung: Der Brauprozess beginnt mit der Herstellung des Malzes. Dazu werden Getreidesorten wie Gerste oder Weizen gemälzt, d. h., sie werden eingeweicht, keimen gelassen und anschließend getrocknet. Das Malz liefert die notwendigen Enzyme und Zucker, die für die Gärung benötigt werden.

 

2. Maischen: Das gemälzte Getreide wird gemahlen und in einem Maischbottich mit heißem Wasser vermischt. Durch das Maischen wird die Stärke in den Malzkörnern in Zucker umgewandelt. Dieser Prozess erfolgt in verschiedenen Temperaturstufen und dauert mehrere Stunden.

 

3. Läutern: Nach dem Maischen wird die flüssige Maische vom Feststoff, dem sogenannten Treber, getrennt. Dieser Schritt erfolgt in einem Läuterbottich, in dem das flüssige Malz (Würze) von den festen Bestandteilen abgefiltert wird.

 

4. Kochen der Würze: Die gewonnene Würze wird in einem Braukessel zum Kochen gebracht. Während des Kochens wird Hopfen zugegeben, das dem Bier seinen charakteristischen Geschmack und die Bitterkeit verleiht. Je nach Biersorte und Rezept können verschiedene Hopfensorten und -mengen verwendet werden.

 

5. Kühlung: Nach dem Kochen wird die Würze schnell abgekühlt, um unerwünschte Mikroorganismen abzutöten und den Start der Gärung vorzubereiten. Das geschieht normalerweise mithilfe eines Würzekühlers oder durch Übertragung in ein Kühlgefäß.

 

6. Gärung: Die gekühlte Würze wird in ein Gärgefäß gegeben, in welchem dann Hefe zugesetzt wird. Die Hefe wandelt den Zucker in der Würze in Alkohol und Kohlendioxid um. Übrigens: Je nach Biersorte kann die Gärung mehrere Tage bis Wochen dauern. Dieser Teil des Prozesses ist besonders wichtig, da sich während der Gärung auch die spezifischen Aromen des Biers bilden.

 

7. Reifung und Lagerung: Nach der Hauptgärung wird das junge Bier zur Reifung und Klärung in Lagertanks oder Fässer transferiert. Diese Phase dauert normalerweise mehrere Wochen bis Monate und ermöglicht dem Bier, seinen Geschmack weiterzuentwickeln und sich zu klären.

 

8. Abfüllung: Sobald das Bier gereift ist, wird es abgefüllt, entweder in Flaschen, Fässer oder Dosen. Dabei wird es oft mit CO2 versetzt, um eine ausreichende Kohlensäure im Bier zu gewährleisten. Fertig ist das Bier!

 

 

Manch ein nicht allzu großer Bierfan mag die Bierkultur als nebensächlich abtun, aber die Zahlen und Fakten (allesamt vom Deutschen Brauer-Bund) sprechen für sich: Derzeit gibt es über 1.500 Brauereien in Deutschland. Die deutsche Bierbranche beschäftigt mehr als 50.000 Menschen, was sie zu einem relevanten Wirtschaftszweig in Deutschland macht. 

Nicht nur gefühlt, sondern auch faktisch trinken Deutsche im Vergleich zu anderen Ländern verhältnismäßig viel Bier: 2020 betrug der Pro-Kopf-Verbrauch von Bier in Deutschland rund 96,7 Liter – was statistisch ca. 0,26 Litern am Tag entspricht.

Wie man sieht: Das Bier ist sowohl aus Deutschland als auch aus dem Sauerland nicht wegzudenken. Und dank alkoholfreier Varianten können heutzutage auch viele weitere Genussmenschen voll auf den Geschmack kommen.

Da bleibt nur noch zu sagen:

PROST und wohl bekomm’s!